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Inge Prader über ihr Wien

Eigentlich wollte die bekannte Fotografin hier nur ihre Ausbildung absolvieren, um danach nach
Amerika auszuwandern, verliebte sich aber in Wien und bald auch in Paul – und blieb.

In Lienz aufgewachsen, verschlug es die Osttirolerin mit 20 Jahren nach Wien, wo sie 1980 die Meisterprüfung an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt abschloss. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann Paul kennen und verwarf ihre Pläne, in New York große Karriere zu machen. Sechs Jahre später eröffneten sie gemeinsam ihr eigenes Studio und Inge Prader wurde stattdessen eine von Österreichs bekanntesten Mode- und Portraitfotografinnen. Neben großen Kampagnen für renommierte Marken wie unter anderem für „wunderkind“ by Wolfgang Joop, Hanro, Schella Kann, Skrein – Die Schmuckwerkstatt, Jones, Vienna Airport oder Casinos Austria ist sie auch für ihre einfühlsamen Portraits von Prominenten, beispielsweise Anna Netrebko, Isabella Rossellini, Anthony Hopkins und etlichen weiteren nationalen und internationalen Stars, bekannt. Heute lebt und arbeitet Inge Prader ums Eck vom Brunnenmarkt im 16. Bezirk.

WM: Was magst du an diesem Grätzl besonders?

INGE PRADER: Es gefällt mir wegen seiner Lebendigkeit, dem Multikulti-Flair – und ich liebe das typische Marktleben. Der einst so schöne Naschmarkt ist ja mittlerweile leider sehr touristisch und gastrolastig. Am Brunnenmarkt findet man noch das echte Marktleben in seiner Ursprünglichkeit – schön und lebhaft.

WM: Das ist ein starker Kontrast zu Hietzing, wo du früher gelebt hast.

INGE PRADER: Ja, hier in Ottakring ist alles jünger und quirliger. Hietzing ist schön, es gibt herrliche Villen und dort ist auch das dörfliche Flair von früher erhalten geblieben. Aber im Vergleich zu hier ist es ruhig und gesetzt. Der Yppenplatz hingegen sprudelt über vor Lebendigkeit. Es ist auch ein „Grätzl der Kunst“. Schon Jahre bevor Pop-up-Stores hip wurden, gab es hier temporäre Galerien und Boutiquen.

WM: Apropos Boutiquen, wo gehst du shoppen?

INGE PRADER: Ich mag kleine Geschäfte, in denen es etwas Spezielles gibt, wo ich herumkramen kann. Individuelle, kleine Designer, junge Künstler und Handwerker – das macht den Charme der Stadt aus. Die fördere ich auch gerne, da ich weiß, dass das Geld direkt ankommt und nicht in Konzernkassen verschwindet.

WM: Trägst du auch Mode aus Wien?

INGE PRADER: Ich bin sehr patriotisch – ich mag österreichische DesignerInnen, beispielsweise Schella Kann. Die Modelle sind sehr kompatibel, leicht aufzupeppen und sehr angenehm zu tragen – bei meiner Arbeit und auch danach, wenn ich noch schnell auf einen Drink gehen möchte.

WM: Was empfindest du als besonders typisch für Wien?

INGE PRADER: Als ich von Tirol nach Wien kam, war „Wien um 1900“ in aller Munde – die Ausstellung hieß „Traum und Wirklichkeit“. Ich war begeistert. Das war mein erster prägender Eindruck. Wien war damit in meiner Erinnerung sehr vom Jugendstil geprägt. Ich bin dann auch dieser Epoche treu geblieben und habe mich mit den Kunstwerken von Klimt, Schiele und all den anderen auseinandergesetzt. Im Zuge dessen habe ich auch das Belvedere kennen und lieben gelernt. Es gibt dort eine Abteilung österreichischer Künstler. Und da habe ich auch Werke von Albin Egger-Lienz gesehen – ein Künstler aus meiner Heimat Tirol.

WM: Fühlst du dich mehr als Tirolerin oder als Wienerin?

INGE PRADER: Wien ist angenehm, je mehr ich gesehen habe, desto mehr bin ich hineingewachsen. In den letzten Jahren hat sich Wien auch zur Weltstadt entwickelt und ist gewachsen. Aber ich fühle mich als Europäerin, wenn ich schon etwas sagen muss. Ich habe keine starken Heimatwurzeln. Ich bin gerne dort, wo die Menschen sind, die ich gerne mag.